group show
5. – 27. Oktober 2013
me, myself and I
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me, myself and I
5. – 27. Oktober 2013
Kerstin Drechsel * Margret Eicher * Reinhold Engberding * Hanna Nitsch
Der Prozess, in dem sich ein eigenes Ich bildet, führt durch unwegsames Gelände, ist voller Ungewissheiten und Zweideutigkeiten und kann nie die immer drohende Gefahr des Scheiterns endgültig hinter sich lassen. Vier Künstler spüren diesem immer wieder in Gang gesetzten spannungsreichen Prozess auf ganz unterschiedliche Weise nach.
Margret Eicher verbindet die barocke Form des Bildteppichs mit der Bildsprache heutiger Massenmedien. Als Kommunikationsmedium war die höfische Tapisserie Instrument der Selbstvergewisserung, Projektionsfläche und Spiegel höfischer Lebensform. Eicher zitiert formal, aber auch funktional die höfische Tapisserie, verwendet aber heutige Bildmotive von typisierender Gültigkeit und gleichzeitig flüchtiger Trivialität. Indem Eicher ständig zwischen traditionellem Bildklischee - der höfischen machtrepräsentierenden Tapisserie - und aktuellen Thematiken changiert, betont sie den prägenden Einfluss medialer Bilder auf unsere gesellschaftlichen Strukturen und kulturellen Muster - auf unsere kollektive Identität.
In Hanna Nitschs Arbeiten ist das Thema Kindheit zentral. Hinter dem, was Kindern kulturell zugeschrieben wird, zeigt Hanna Nitsch in ihren Tuschearbeiten eine Vielfalt von sowohl freundlichen wie auch zerstörerischen, gleichsam polymorph-perversen (Freud) Möglichkeiten. Diese markieren immer auch Widerstände gegen die kulturelle Zurichtung. Das Individuum geht nicht allein in dem auf, was als Leitbild kultureller Identität durchgesetzt wird. Die Arbeiten von Hanna Nitsch beschäftigen sich somit natürlich mit dem Thema kindlicher Identitätssuche, bilden jedoch vor allem Projektionsflächen, in die wir als Betrachter unsere phantasierten Möglichkeiten und dunklen Rückerinnerungen hineinlegen.
In verschiedenen Werkgruppen beschäftigt Reinhold Engberding sich mit konstruierten Identitäten. Stets ist die Konstruktion offensichtlich und stets ist der Künstler selbst in den Konstruktionsprozess verwoben. Schon mit der Spaltung seines künstlerischen ICHs in den bildenden Künstler Engberding und sein fiktives, literarisch agierendes Alter Ego Nidden-Grien ist die Fragilität der Identitätsbildung präsent. In der Serie „Is that my son?“ phantasiert er durch den Werktitel eine mögliche familiäre Beziehung zwischen sich und - in seiner aktuellen Installation in Tübingen - den mit Tusche portraitierten jungen Männern, die er von einer fragwürdigen amerikanischen mughsot-website dem Internet entnommen hat. In der Serie „Willisau-Bartoles“ überlagert Engberding fremde Kinderfotos mit Zeichnungen des eigenen kindlichen Gesichts. So setzt der Künstler die Unsicherheit, wer das eigene Ich ist, ins Bild.
Kerstin Drechsel hingegen untersucht und hinterfragt in ihren Werkgruppen Normen und Grenzen gesellschaftlicher Ordnung. Sie wählt sehr private Einblicke, wie beispielsweise den ungeschönten Einblick in ein privates Wohnumfeld oder die intimen Begegnungen zwischen Frauen. Ihre Malerei hat jedoch nichts Entlarvendes oder Voyeuristisches. Objektiv beobachtende Untersuchung und empathische Zugewandtheit halten sich in ihren Bildern sensibel die Waage. Kategorien und Strategien traditioneller Repräsentationsformen und Denkmuster werden durchkreuzt und aufgeweicht. Drechsel gelingt mit ihren Arbeiten ein feinfühliger Blick auf privaten Widerstand, Geschlechterrollen und sexuelle Identitäten.