Reinhold Engberding · Martin Kasper
23. März – 03. Mai 2013
Reinhold Engberding · Martin Kasper
23. März – 03. Mai 2013
Weit offene Räume – geschlossen. Die eigentümlich unbestimmten, menschenleeren Räume von Martin Kasper gewähren, bühnenbildgleich, einen zentralperspektivischen Einblick durch eine fehlende vierte Wandseite. Niemals befindet sich der Betrachter inmitten des Raumes, stets bleibt er außen vor. Kasper zeigt keine privaten, sondern in der Regel öffentliche Räume. Sie sind verlassen, das Leben scheint aus ihnen gewichen. Spuren dieses Abbruchs eines praktischen Lebenszusammenhangs, der einst die Räume sinnvoll füllte, sind zwar spürbar, aber Zeugnisse einer individuellen Nutzung, eines konkreten Lebens finden sich praktisch keine.
Die Räume haben vielmehr eine raum-zeitliche Dimension, die in ihrer inneren Abgeschlossenheit und Fremdheit weder eine narrativ ergänzende Lesart einfordern noch im Sinne der Spurensicherung als Zeugen einer Erinnerungskultur gelesen werden können. Indem die dargestellten Räume von allem Leben entleert sind, wird der Betrachter auf den malerischen Prozess selbst, auf die illusionistische Präsentation räumlicher Gebilde verwiesen. Damit stellt sich aber auch grundsätzlich die Frage, wie es um die objektive Welt bestellt ist und ob sie nicht als reine Vorstellung, als Schein zu entlarven ist.
Im Gegensatz zu Martin Kaspers Motiven, die wir problemlos zu identifizieren meinen, um dann festzustellen, dass sie nicht das sind, was sie vorzugeben scheinen, sind uns Reinhold Engberdings plastischen Arbeiten spontan fremd:
Dunkle geschlossene Gebilde – weit offen. Nach klaren konstruktiven Regeln, die sich der Künstler für jede Arbeit neu setzt, häkelt er in Runden mit dem immer gleichen schwarzen Garn und einheitlicher Maschentechnik zunächst hüllenhafte Formen. Diese werden gefüllt, die dann jeweils entstandene Form mit Wachs und Schellack gefestigt und schließlich das Füllmaterial wieder entfernt.
Die entstandenen amorphen Hohlkörper stehen in eigentümlicher Ambivalenz zum äußerst konstruktiven Entstehungsprozess und dem gleichförmigen, ruhigen Häkelmuster. Sie scheinen mit Leben erfüllte Körper, sind aber hohl. Und obwohl sie dem Betrachter zunächst fremd erscheinen, entströmt ihnen eine unerklärliche Wärme. Meist hängend, bewegen sie sich im Raum, als wollten sie ihn in Besitz nehmen.
Das Sehen bedeutet für den Sehenden eine Art Kontrolle. Durch das Sehen erkennen wir. Kasper und Engberding setzen diese Möglichkeit der Kontrolle außer Kraft. Wir sehen die Dinge und doch erkennen wir sie nicht. Dinge, die wir zu erkennen scheinen, verlieren auf einmal ihre Bedeutung, und zu Formen, die uns zunächst fremd sind, bauen wir gerade dadurch eine Beziehung auf.