Reinhold Engberding · Peter Jordaan
29. Mai – 03. Juli 2010
Bart und Faden
-
Reinhold Engberding · Peter Jordaan
Bart und Faden 29. Mai - 03. Juli 2010
Peter Jordaan führt uns in seinen Zeichnungen und Siebdrucken Dinge vor Augen, die wir sofort und ohne Probleme benennen können. Jordaan präsentiert sie uns kontextlos und verleiht ihnen damit einen vieldeutigen, nicht klar fixierbaren Sinn: Ein Bart ohne Gesicht, eine Kantine ohne Menschen, eine Teddyfamilie ohne „Kinderzimmer“. Aber scheinbar fest verankerte, aus unserem individuellen Erfahrungsschatz gespeiste Bedeutungen versagen bei dem Versuch, das künstlerische Gebilde zu verstehen. Haben die Dinge an sich überhaupt eine Bedeutung? Erhalten sie diese nicht erst durch uns und durch den Kontext, in dem wir ihnen begegnen?
Grundelement der Arbeiten von Peter Jordaan ist der Strich. Durch die Anordnung von schlichten Strichen kristallisieren sich Realien heraus, es kann eine Ziege sein, eine Halle mit Hunderten von Tischen, aber auch ein Bart. Realien, die gleich wieder ins Irreale (Surreale) abgleiten. Die Welt bei Peter Jordaan ist zerbrochen, anders zusammengesetzt, ein Spiel der Striche.
Im Gegensatz zu Peter Jordaans Motiven, die wir problemlos zu identifizieren meinen, um dann festzustellen, dass sie nicht das sind, was sie vorzugeben scheinen, sind uns Reinhold Engberdings plastischen Arbeiten spontan fremd. Nach klaren konstruktiven Regeln, die sich der Künstler für jede Arbeit neu setzt, häkelt er in Runden mit dem immer gleichen schwarzen Garn und einheitlicher Maschentechnik zunächst hüllenhafte Formen. Oftmals werden diese gefüllt, die entstandene Form mit Wachs und Schellack gefestigt und dann das Füllmaterial wieder entfernt. Die entstandenen amorphen Hohlkörper stehen in eigentümlicher Ambivalenz zum äußerst konstruktiven Entstehungsprozess und dem gleichförmigen, ruhigen Häkelmuster. Sie scheinen mit Leben erfüllte Körper, sind aber hohl. Und obwohl sie dem Betrachter zunächst fremd erscheinen, entströmt ihnen eine unerklärliche Wärme.
Das Sehen bedeutet für den Sehenden eine Art Kontrolle. Durch das Sehen erkennen wir. Jordaan und Engberding setzen diese Form der Kontrolle außer Kraft. Wir sehen die Dinge und doch erkennen wir sie nicht. Dinge, die wir zu erkennen scheinen, verlieren auf einmal ihre Bedeutung, und zu Formen, die uns zunächst fremd sind, bauen wir gerade dadurch eine Beziehung auf.